Warum ich damals aus dem Konfirmationsunterricht geflogen bin
Ein Weg von Ablehnung zu Offenheit
Wenn es einen Gott gäbe, hätte er uns nicht meinen Papa genommen, entgegnete ich meinem Religionslehrer mit Tränen in den Augen auf die Frage, wer Gott für uns sei und ob wir an ihn glauben.
Das war eine Aussage, von der ich fest überzeugt war und an der ich über viele Jahre festgehalten habe.
Ich bin nicht in einem religiösen Haushalt aufgewachsen, wurde trotzdem evangelisch getauft, bin hin und wieder in die Kirche gegangen und habe mich später auch konfirmieren lassen (sind wir ehrlich: des Geldes wegen und weil es irgendwie jeder in meinem Umfeld gemacht hat). An etwas geglaubt, habe ich damals nicht, denn schon nach 2001, als mein Vater gestorben ist, konnte ich mich - wie ihr an meiner Reaktion oben seht - so gar nicht mehr mit Glauben identifizieren. Habe es sogar belächelt und bin regelmäßig aus dem Konfirmationsunterricht geflogen, weil ich mich über die Bibeltexte lustig gemacht habe und mich von Lachanfall zu Lachanfall gehangelt habe. Ihr wisst schon, diese Lachanfälle, die immer schlimmer werden, sobald man versucht sie zu unterdrücken.
Es gab zwar Momente, heute würde ich sie als übernatürlich bezeichnen, die sich keiner so richtig erklären konnte. Ein Tag nach dem Tod, zum Beispiel, ist ein Blatt seines Lieblingsbaumes durch einen kleinen Schlitz eines Dachschrägenfensters auf seinem Kopfkissen gelandet. Das ist vorher noch nie passiert. Zufall? Keine Ahnung! Trotz größter Skepsis war da aber ein Moment der Überzeugung - das muss ein Zeichen sein. Unrealistisch war es trotzdem, denn ich war und bin auch heute noch oft eine große Skeptikerin. Faszinierend fand ich solche Ereignisse trotzdem immer schon und davon sind über die Jahre unzählige dazugekommen, sodass auch ich mich irgendwann mehr und mehr dafür geöffnet habe. Nicht unbedingt für Religion und die Kirche, sondern für das Übernatürliche und der Überzeugung: da muss doch noch irgendwas sein, was wir uns mit dem Verstand nicht erklären können.
Ich bin der Meinung, Spiritualität und der eigene Glaube ist etwas, das jeder Mensch für sich selbst definieren sollte und was nicht in Stein gemeißelt ist - es ist ein sich ständig weiterentwickelndes Erleben. Damals habe ich schon hier und da mal ein Buch über die verschiedensten spirituellen Lehren gelesen, über Seelen und das Leben nach dem Tod. So richtig greifen konnte ich es zu der Zeit aber noch nicht. Die Faszination ist trotzdem immer weiter in mir gewachsen.
Yoga hat mir dann nicht nur bei einem Bandscheibenvorfall und dem chronisch gestressten Lifestyle, den ich geführt habe, geholfen, sondern war auch meine Tür mich mehr mit Spiritualität auseinanderzusetzen. Nicht sofort, auch hier habe ich mich die ersten Stunden natürlich erstmal über alles lustig gemacht. Cobra, herabschauender Hund, Mantra singen - wo bin ich hier gelandet?! Wenn ihr schonmal in einer authentischen Yoga/Klang/Meditationsstunde wart, kennt ihr aber sicher diese Ruhe, die sich breit macht - das Loslassen, das Ankommen. Das hat mich überzeugt.
Anfangs habe ich niemandem erzählt, dass ich mich im Yoga, vor allem für die spirituellen Texte interessiere und es liebe mich in den Tiefen der Yoga Philosophie zu verlieren. Konnte mich immer ganz gut hinter, ach das tut mir einfach gerade gut für meinen Rücken, verstecken. Aber es war und ist so viel mehr für mich, als die physische Praxis. Meine erste tiefe Meditation oder das gesungene OM in einer großen Gruppe hat bei mir ein Gefühl ausgelöst, das viel zu schön war, als dem nicht nachzugehen. Ein Gefühl von Verbundenheit, Tiefe und Urvertrauen. So ging sie also los, meine Spiri Reise, immer mit einer gesunden Skepsis im Gepäck, für die ich übrigens sehr dankbar bin. Ich würde sagen, dass ich eine sehr geerdete Herangehensweise habe und ich sehr feinfühlig für Menschen bin, die keine authentischen oder wahrhaftigen Intentionen haben.
Wenn mir heute jemand die Frage stellt, mit welchen Themen ich mich am meisten befasse, worüber ich am meisten lese, was mich den ganzen Tag so umtreibt, sind es ohne Zweifel Psychologie und Spiritualität, in allen Facetten. Ich liebe es, mich in die Gedanken und Leben anderer Menschen hineinzuversetzen, ihnen zuzuhören, zu verstehen, was sie antreibt und warum sie so handeln, wie sie handeln. Das gilt eben auch für das Verstehen unseres Lebens auf der Erde oder dem Universum. Das Beobachten, Fragen, Lesen, Zuhören und Erspüren ist und war für mich schon immer der Katalysator, das Leben und unsere Gesellschaft im Ganzen besser greifen zu können.
Ich habe keine klare Antwort darauf, an was ich genau glaube. Wie oben beschrieben, ändert sich das auch mit jeder neuen Erfahrung ein bisschen. Ich bin einfach offen dafür, dass es mehr gibt als das, was ich sehe und was die Wissenschaft beweisen kann. Ich habe meine ganz eigene, persönliche Praxis, verbinde mich mit meiner Seele, der Natur und dem Kosmos. Das gibt mir ein so schönes Gefühl, dass ich diese Praxis immer mehr vertiefe und Vorurteile nach und nach ablege. Spiritualität kann nicht über das Denken und Lesen von Büchern erfahren werden, es gibt tolle Impulse und Inspirationen aber wir kommen nur durchs Spüren und Wahrnehmen in die Verbindung.
Ich bin überzeugt, dass Offenheit zu den wichtigsten Eigenschaften gehört, die wir in uns stärken und fördern sollten. Uns nicht zu verschließen, besonders nicht vor dem, was wir vielleicht (noch) nicht vollständig verstehen. Menschen nicht vorschnell in Schubladen zu stecken, sich nicht lustig machen, nur weil es bequemer ist. Unsere eigene Weltanschauung nicht als die einzig richtige zu betrachten. Stattdessen Neues auszuprobieren, ohne es sofort zu bewerten oder abzulehnen. Ich spreche hier aus Erfahrung, denn ich habe selbst so gelebt und tue es als meinungsstarker Mensch teilweise immer noch. Das ist aber eine ziemlich egoistische und arrogante Art und Weise durchs Leben zu gehen und verschließt uns vor so vielem. Auch die Wissenschaft ist nur eine Momentaufnahme und entwickelt sich über die Jahre weiter. Nur weil Spiritualität nicht beweisbar ist, heißt es nicht, dass es sie nicht gibt.
Teile gerne deine Gedanken mit mir, ich freue mich auf den Austausch.
Bis ganz bald.
— Ronja
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Meine Freundin Lea Lüdemann hat mich auf einen digitalen Kaffee in ihr neues Podcastformat “Kaffe mit Lea” eingeladen. Wir sprechen über meine zwei großen Passionen Yoga & Human Design. Ich konnte mich natürlich nicht kurz halten und aus 15 Minuten sind ruckzuck 30 geworden - hört doch mal rein und schaut euch auf Leas Substack um. Hier geht’s zur Folge.